vom 23. bis 26.03.2006 in Freiburg
(im Rahmen des Studium Generales der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg; parallel zum Tanzfestival 2006 im E-Werk Freiburg)



Leiblichkeit ist kein modernes Thema, sondern hat philosophiegeschichtlich Tradition. Dennoch stellt das Thema ein bis heute aktuelles Problem dar, gerade wenn man sich die modernen Debatten zum Leib-Seele-Problem (etwa in der Medizinethik, bei der ästhetischen Wahrnehmung oder unter dem Gesichtspunkt zeitgenössischer Subjekttheorien) vor Augen führt. Die Frage, wie und ob Leiblichkeit denn zu denken sei, ob der Leib denn von der Ordnung des Denkbaren ist, oder ob er nicht vielmehr etwas Erlebbares, Empfindbares und Spürbares darstellt, wird von zeitgenössischen Autoren erneut vehement gestellt. Die Frage, "wie kann das Emfindend-Empfindbare auch Denken sein?"1 stellt bereits Merleau-Ponty. In einem weiteren Schritt geht es uns nun darum, zu fragen: Wie kann das Empfindend-Empfindbare (Leib; Selbst) Philosophie oder zumindest philosophisch denkbar sein? Ist die These haltbar, dass der Tanz uns darauf eine Antwort geben könnte?
Mit dieser Frage wollen wir uns in unserem Denkfestival auseinandersetzen, und dabei eine Begegnung von Tänzern, Literaturwissenschaftlern und Philosophen anstreben. Von Seiten der Tanzforschung gibt uns u.a. Rudolf von Laban eine Definition des Tänzers, die sowohl für Tanzschaffende als auch für Tanztheoretiker interessant ist: Der Tänzer "ist jener Mensch, der klaren Verstand, tiefes Empfinden und starkes Wollen zu einem harmonisch ausgeglichenen und in den Wechselbeziehungen seiner Teile dennoch beweglichen Ganzen bewußt zu verweben trachtet"2. Die darin entworfene Subjekttheorie überwindet den klassischen Dualismus von Denken und Körper, und beschreibt das tanzende Subjekt als eine dynamische Einheit. Deshalb geht uns eben nicht nur darum, über den Tanz nach-zudenken, sondern wir wollen auch diskutieren und erproben, ob der Tanz selbst eine Art des Denkens (Körper-Denken) ist.
Die Tanzwissenschaft hat sich in den Theaterwissenschaften, der Germanistik und der Soziologie in den deutschsprachigen Universitäten inzwischen mit dafür eingerichteten Lehrstühlen durchgesetzt. In der Philosophie wurde dem Tanz bisher kaum Aufmerksamkeit gewidmet. Unser Projekt soll die tanzphilosophische Arbeit fördern. Tanz und Philosophie werden hier zu "Partnern im Denken".

Organisation und Projektentwurf:
Mónica Alarcon, Miriam Fischer, Bernd Ka

Kontakt:
monicaalarcon2001@yahoo.de
miame_f@gmx.de


Kooperationspartner:
Forschungsgruppe TanzPhilosophie, Studium Generale, Bewegungsart / E-Werk


Freundlicherweise wird unser Projekt unterstützt durch das Kulturamt Freiburg und das Dorint Novotel Freiburg.


Das Progamm zum ausdrucken finden Sie hier:
Donnerstag, 23.03.06
  • 16.00 Mónica Alarcón, Miriam Fischer, Bernd Ka: Begrüßung und Einführung
  • 16.30 Prof. Günter Schnitzler (Freiburg): "Kleists Marionettentheater"
  • 17.30 Dominik Borucki (Barcelona): Denken in der Improvisation

Hinweis: 20.00 im E-Werk: E. Ómardóttir / J. Johannson (Reijkiavik / Island): "IBM - A user's manual" (Tanzstück)

Freitag, 24.03.06

  • 9.30 Prof. Hermann Schmitz (Kiel): "Leibliche Bewegung auf dem Grund der Zeit"
  • 10.30 Prof. Rudolf zur Lippe (Berlin): "Tanzend denken - Denken als Tanz. Erinnerung an die posa und an Nietzsche für die Gegenwart von Tanz"
  • 12.00 Christiane Berger (Berlin) / Robert Gugutzer (München): "Tanzwissenschaftliche und leibphänomenologische Überlegungen zur Bewegungskoordination im Tango Argentino"
  • 14.00 Renate Wehner (Freiburg): "Über das Selbst-verständliche in der Bewegung"
  • 15.00 Cornelia Widmer (Villingen-Schwenningen): "Körper und Raum - Bewegungskonzepte bei Laban, Chladek und Forsythe"; Mitwirkung: Walter Widmer (Violine) und Michele Hempel-Dorner (Traversflöte)
  • 17.00 Fredi Gutzler (Berlin): "Vom Tango reden - wie er den Leib begreift" (Workshop und Performance); Mitwirkung: TangoBeats (Freiburg)
  • 19.00 - 21.45 Offener Tanzabend, Café und Gespräch

Samstag, 25.03.06

  • 9.30 Miriam Fischer (Freiburg): "Jean-Luc Nancys Philosophie des Tanzes: "Alliterationen" - eine Koproduktion mit Mathilde Monnier"
  • 10.30 Eva Wagner (Mannheim): "Authentizität und Unsagbarkeit? Neue alte Aspekte einer zeichentheoretisch fundierten Betrachtung des Bühnentanz"
  • 12.00 Podiumsdiskussion

Hinweis: 20.00 im E-Werk: Sol Picó (Barcelona / E): "La dona manca o barbi superestar" (Tanzstück)

Sonntag, 26.03.06

  • 20.00 Lecture Performance "Tanz und Philosophie" im E-Werk (!!!) mit Lilo Stahl (Freiburg) und Prof. Friedrich A. Uehlein (Freiburg)

Hinweis: Am Sonntag bietet Cornelia Widmer einen Workshop an; Raum und Zeit gibt sie in Ihrem Vortrag bekannt.

Bis auf die Veranstaltung am Sonntagabend und die Tanzstücke im E-Werk finden alle Programmpunkte in der Aula des KG I der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg statt.


Quellen: 1 Merleau-Ponty, Maurice: Das Sichtbare und das Unsichtbare, München 1986. S. 180
2 Laban, Rudolf von: Die Welt des Tänzers, Stuttgart 1922. S. 3